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Restrukturierungsnews: Hussel, Frankfurt-Hahn, Räuchle

Die Süßwarenhändler Hussel, Arko und J. Eilles haben die Eigenverwaltung beendet. Foto: nblxer - stock.adobe.com
Die Süßwarenhändler Hussel, Arko und J. Eilles haben die Eigenverwaltung beendet. Foto: nblxer - stock.adobe.com

Hussel, Arko und J. Eilles beenden Eigenverwaltung

Die zur Deutschen Confiserie Gruppe gehörenden Süßwarenhändler Hussel, Arko und J. Eilles haben die im Februar eingeleitete Insolvenz in Eigenverwaltung abgeschlossen. Die im Besitz von J.J. Darboven liegende Marke „Eilles“ war von der Insolvenz nicht betroffen, das Unternehmen J. Eilles ist lediglich Lizenznehmer der Marke. Nach Umsetzung des Sanierungskonzepts sollen etwa 1.300 Arbeitsplätze und rund 300 Filialen erhalten bleiben, davon 250 eigene Filialen in Deutschland. Im Februar beschäftigten die Unternehmen noch insgesamt rund 1.600 Mitarbeiter und hatten bundesweit etwa 350 eigene Filialen.

Der Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Paul Morzynski stellt den drei Unternehmen der Deutsche Confiserie Gruppe einer Mitteilung zufolge „umfassend neues Kapital“ für die Neuausrichtung zur Verfügung und führt sie in einer neugegründeten Familienholding fort. Finanzielle Details wurden nicht bekannt. Rainer Eckert und Markus Kohlstedt (Eckert Rechtsanwälte) haben die Geschäftsführung während des Verfahrens als Generalbevollmächtigte unterstützt. Dietmar Penzlin (Schmidt-Jortzig Petersen Penzlin) war Sachwalter für Hussel und J. Eilles, Tjark Thies (Reimer Rechtsanwälte) hatte die Rolle bei Arko inne.

Flughafen Frankfurt-Hahn stellt Insolvenzantrag

Der Regionalflughafen Frankfurt-Hahn hat einen Insolvenzantrag gestellt. Der Hunsrücker Airport gehört zu 82,5 Prozent dem chinesischen Großkonzern HNA, der zu Jahresbeginn unter hohen Schulden zusammengebrochen ist. Die übrigen Anteile hält das Bundesland Hessen. Vor wenigen Monaten hatten bereits Gläubiger einen Insolvenzantrag gegen den Airport gestellt, der jedoch nach wenigen Tagen zurückgezogen wurde. Vorläufiger Insolvenzverwalter im aktuellen Verfahren ist Jan Markus Plathner von Brinkmann & Partner. Er begleitete 2014 bereits die Insolvenz des Regionalflughafens in Zweibrücken.

Erneute Insolvenz für Zulieferer Räuchle

Der Automobilzulieferer Räuchle hat einen Insolvenzantrag beim Amtsgericht Ulm gestellt. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist Holger Leichtle (Kanzlei Görg). Die Solutio Schneider Rechtsanwaltsgesellschaft berät die Geschäftsführung. Das 1902 gegründete Unternehmen beschäftigt 320 Mitarbeiter, die Präzisionsteile aus Stahl, Edelstahl und Aluminium herstellen.

Der Betrieb war erst 2018 nach einer Insolvenz durch eine Investorengruppe übernommen worden, seit 2019 lief ein Restrukturierungs- und Investitionsprogramm. Eigenen Angaben zufolge hatte das Unternehmen Anfang 2020 den Turnaround geschafft und meisterte auch die Corona-Pandemie. Durch die Chipkrise seien seit Juli jedoch Kundenbestellungen massiv eingebrochen, der Umsatz brach um bis zu 40 Prozent ein. Für Räuchle soll nun ein strategischer Investor gefunden werden.

Weitere Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Die Sächsische Metall- und Kunststoffveredlungs-Gesellschaft SMK, ein Unternehmen der Heinze-Gruppe, ist insolvent. Vorläufiger Verwalter ist Bero-Alexander Lau von White & Case. SMK produziert mit mehr als 140 Mitarbeitern Bauteile für die Automobilindustrie. Ein Team von Pluta berät die Heinze-Gruppe juristisch. Die Unternehmensberatung Hahn Consultants und Interimsmanager David Tanriverdi begleiten das Unternehmen, den M&A-Prozess organisiert Falkensteg Corporate Finance.

Text mit Medien: Mehrere Autozulieferer geraten derzeit durch die Chipkrise ins Straucheln. Foto: Golf_MHNK – stock.adobe.com

Auch der Autozulieferer ETM Engineering Technologie Marketing befindet sich im vorläufigen Insolvenzverfahren, Verwalter ist Rolf Rombach (Rombach Rechtsanwälte). Das 1999 gegründete Unternehmen liefert Bauteilen aus Kunststoff für die Automobilindustrie und beschäftigt aktuell 405 Mitarbeiter und 22 Auszubildende.

Grund für die Schieflage sind Rombach zufolge zurückgegangene Abrufe durch die Kunden in den zurückliegenden Monaten. ETM komme „aus einem erfolgreichen Restrukturierungsprozess“ der nun im Insolvenzverfahren weitergeführt werden soll.

Der auf Fahrwerkskomponenten spezialisierte Autozulieferer PWK Automotive will sich über eine Insolvenz in Eigenverwaltung sanieren. Vorläufiger Sachwalter ist Jan-Philipp Hoos (White & Case). Das Unternehmen beschäftigt am Hauptsitz in Krefeld etwa 300 Personen, weitere 200 Mitarbeiter sind an drei Standorten in Sachsen tätig. Jan Hendrik Groß (Ebner Stolz) unterstützt die Geschäftsleitung als Generalbevollmächtigter.

Die Unternehmen Theysohn Kunststoff, Theysohn Formenbau und ICOS, alle drei deutsche Gesellschaften der Boryszew Automotive Plastics Group (BAP), durchlaufen eine Insolvenz in Eigenverwaltung. Weitere Gesellschaften der BAP sind nicht betroffen. Tobias Hartwig (Schultze & Braun) begleitet den Prozess in der Geschäftsführung als Chief Restructuring Officer. Silvio Hoefer (Anchor) ist Sachwalter. Ziel sei es, „einen akuten Liquiditätsengpass zu überwinden“ und die Gesellschaften finanziell neu aufzustellen. Grund für den Liquiditätsmangel seien gestiegene Energie- und Rohstoffpreise sowie der Mangel an Halbleitern, durch die sich Projekte verschoben hätten. Betroffen sind rund 300 Mitarbeiter.

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Insolvenz

Welche Formen der Insolvenz gibt es? Welche Unternehmen sind betroffen? Die wichtigsten Praxistipps und aktuelle Fälle finden Sie hier.

Der Betrieb des Fachgroßhandels Carl Wilh. Meyer (CWM) in Oldenburg geht vorläufig weiter. Darauf haben sich die Gläubiger mit dem Unternehmen und dem vorläufigen Insolvenzverwalter Hendrik Heerma (Fink Rinckens Heerma) in einer ersten Versammlung geeinigt. Gläubiger sind die Landessparkasse Oldenburg und das Einkaufsbüro Deutscher Eisenhändler. Auch die wesentlichen Lieferanten und die Agentur für Arbeit wurden einbezogen. Die Einigung ermöglicht eine Betriebsfortführung im Insolvenzeröffnungsverfahren. Ziel ist es, die mehr als 220 Arbeitsplätze in einer übertragenden Sanierung zu erhalten. Ein Investorenprozess ist bereits angelaufen.

Der Ventilatorenhersteller Mdexx hat ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung beantragt. Das Unternehmen durchlief nach mehreren Eigentümerwechseln bereits seit 2019 eine Restrukturierung. Zuletzt hatten stark gestiegene Material- und Transportkosten das Unternehmen belastet. Stefan Weniger von der Beratungsgesellschaft Restrukturierungspartner wird die Geschäftsführung als Chief Restructuring Officer bei der Ausarbeitung des Sanierungsplans unterstützen. Vorläufiger Sachwalter, ist Gerrit Hölzle von der Kanzlei Görg. Die Schwester- und Tochtergesellschaften im In- und Ausland sind finanziell unabhängig aufgestellt.

Distressed M&A-Deals

Die Vermögenswerte des Messtechnikunternehmens Car-Connect werden im Zuge einer übertragenden Sanierung aus der Eigenverwaltung heraus in ein Unternehmen um den langjährigen Entwicklungsleiter Stephan Rudolph übertragen. 66 Beschäftigte wechseln in die neue Gesellschaft. Sanierungsgeschäftsführer des Unternehmens war Andreas Elsäßer (Plan-E), Sachwalter war Manuel Sack (Brinkmann & Partner). Als M&A-Berater war Wayes mandatiert.

Ein namentlich nicht genannter Käufer übernimmt im Rahmen einer übertragenden Sanierung den Geschäftsbetrieb der MIR Gebäudereinigung und Dienstleistungen aus Franken, teilte Insolvenzverwalter Peter Roeger (Pluta) mit. Die knapp 90 Mitarbeiter werden in eine neugegründete Gesellschaft wechseln. Das Unternehmen heißt künftig MIR Gebäudereinigung und Service.

Der zivile Teil des Flughafens Rostock-Laage-Güstrow soll Teil der Zeitfracht-Gruppe werden. Der Logistiker, der zuletzt mehrmals am Distressed-M&A-Markt aktiv war, will den Flughafen privatisieren und in seine Logistikkette einbinden. Der Airport wird teilweise militärisch genutzt, im zivilen Bereich zählte die inzwischen insolvente Airline Germania zu den größten Kunden.

Die Gießerei-Gruppe Silbitz wird neuer Eigentümer der insolventen Eisengießerei Torgelow. Das Unternehmen geht im Zuge einer übertragenden Sanierung auf Silbitz über, Standort und Beschäftigungsverhältnisse sollen erhalten bleiben. Die Eisengießerei Torgelow durchlief bereits seit Juli 2020 ein Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung, Sachwalter war Sebastian Laboga (Pluta). Die Gläubiger können laut Geschäftsführer Peter Krumhoff „mit einer überdurchschnittlich hohen Quote rechnen“.

Casa Senes Unternehmensgruppe aus Dresden übernimmt das insolvente Wohn- und Pflegezentrum „Haus Zwei Eichen“ im Landkreis Rotenburg. Laut Insolvenzverwalter Malte Köster (WillmerKöster)bleiben alle rund 50 Arbeitsplätze erhalten, finanzielle Details wurden nicht bekannt. Die frühere Betreibergesellschaft hatte Anfang 2021 Insolvenzantrag gestellt.

Beendete Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Das Amtsgericht Bremen hat das Eigenverwaltungsverfahren des Gesamthafenbetriebs im Lande Bremen (vormals Gesamthafenbetriebsverein) aufgehoben. Christian Kaufmann (Pluta) hatte die Restrukturierung als Sanierungsvorstand begleitet. Sachwalter war Edgar Grönda von Schultze & Braun. Ein Team von Fides Corporate Finance um Tobias Kersten übernahm die betriebswirtschaftliche Beratung. Durch die Neuausrichtung bleiben gut 770 Arbeitsplätze erhalten, 140 Arbeitsplätze waren während der Sanierung abgebaut worden. Laut „Nordsee-Zeitung“ will der Hafendienstleister jedoch bis zu 120 neue Stellen nachbesetzen. Die Insolvenzgläubiger haben bereits eine Quotenzahlung von rund 25 Prozent erhalten, die noch auf bis zu 34 Prozent steigen könnte.

Text mit Medien: Herzog & Bräuer kann die Eigenverwaltung beenden. Foto: Herzog & Bräuer

Der Wäschehändler Herzog & Bräuer steht vor dem Abschluss der Insolvenz in Eigenverwaltung, den Insolvenzplan hat die Gläubigerversammlung mehrheitlich angenommen. Demnach sollen 96 Filialen und rund 390 Arbeitsplätzen erhalten bleiben. Zuvor hatte das Unternehmen 111 Standorte.

Als Sanierungsgeschäftsführer begleitete Simon Leopold (ABG Consulting-Partner) das Unternehmen durch das Verfahren, Stefan Ettelt (Kulitzscher & Ettelt) verantwortete als Generalbevollmächtigter die insolvenzrechtlichen Themen. Jörg Schädlich von der Kanzlei Stapper Jacobi Schädlich war Sachwalter. Herzog & Bräuer hatte im April 2020 die Eigenverwaltung beantragt, das Verfahren wurde Ende Juli 2020 eröffnet.

Die Fortführung der Agrargenossenschaft Schlalach ist durch eine Investorenlösung gesichert, alle Arbeitsplätze und laufenden Pachtverträge bleiben erhalten. Die Beratungsgesellschaft Baker Tilly hat die Erstellung des Insolvenzplans begleitet. Hartwig Albers (Görg Rechtsanwälte) war Sachwalter des Eigenverwaltungsverfahrens, operativ unterstützte die Unternehmensberatung Wannagat und Meyer. Im Zuge der Übertragung auf den neuen Investor wurde die Gesellschaft in eine GmbH umgewandelt und über den Insolvenzplan entschuldet. Das Verfahren wurde bereits aufgehoben.

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Restrukturierung

Sparprogramme, Verlagerungen, Bilanzsanierung: Kaum ein Unternehmen kommt über die Jahre ohne eine Restrukturierung aus. Für Sanierungsberater ist das ein gutes Geschäft.

Das im Frühherbst 2020 begonnene Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung der niedersächsischen Bäckerei Brinkhege steht vor dem Abschluss. Die Gläubigerversammlung stimmte dem Insolvenzplan einstimmig zu. Das Unternehmen bleibt nach der Sanierung in Familienhand. Größte Hausbank der Gruppe mit rund 400 Mitarbeitern war die Sparkasse Osnabrück. Die ungesicherten Gläubiger erhalten Sachwalter Stefan Meyer (Pluta) zufolge eine Quote vom etwa Achtfachen einer durchschnittlichen Quote. Die durchschnittlichen Quoten bei Insolvenzen in Deutschland liegen in der Regel im mittleren einstelligen Prozentbereich. Im Zuge der Sanierung wurde auch die Finanzierung neu aufgestellt. Die geschäftsführende Gesellschafterin hält weiterhin „die überwiegende Mehrheit der Anteile“, der Rest verteile sich auf „nahestehende und befreundete Geldgeber“. Operativ unterstützte Andreas Möhlenkamp (Möhlenkamp & Cie.) die Geschäftsführung.

Das Eigenverwaltungsverfahren über das Unternehmen GKT Gräfenthaler Kunststofftechnik ist beendet. GKT hatte im Juli 2020 Insolvenzantrag gestellt und sich im Zuge der Restrukturierung von dem defizitären Produktbereich „Duroplast“ getrennt. Die Zahl der Mitarbeiter sank von 100 auf 80. Die einfachen Insolvenzgläubiger erhielten eine Quote von rund 5 Prozent. André Rombach (Rombach Rechtsanwälte) hat die Geschäftsleitung bei der Restrukturierung beraten.

Weitere Restrukturierungen und Branchennews

Die Lufthansa hat 1,5 Milliarden Euro an stillen Einlagen zurückgezahlt. Eine zweite Tranche über 1 Milliarde Euro will die Airline bis zum Jahresende tilgen. Die vom Bund in der Coronakrise bereitgestellten Mittel waren zuletzt mit 4 Prozent verzinst. Wird auch die zweite Tranche wie geplant getilgt, hätte die Fluglinie damit alle genutzten Staatsmittel zurückgezahlt.

Die neuesten Restrukturierer-Personalien

Sven Hofmann ist neuer Partner in München bei der Unternehmensberatung Turnaround Management Partners (TMP). Er wechselt vom BMW-Konzern, wo er zuletzt bis April dieses Jahres CFO der Stiftung „BMW Foundation Herbert Quandt“ war. Zuvor war er mehrere Jahre als Global Supplier Risk Manager für das Lieferantenkrisenmanagement des Autobauers zuständig und begleitete TMP zufolge mehr als 30 Automobilzulieferer in Krisensituationen. Vor seiner Zeit bei BMW leitete Sven Hofmann als Senior Manager Business Recovery Services Restrukturierungsprojekte für PwC. Die Unternehmensberatung TMP zählt nach eigenen Angaben nun zehn Partner.

Tobias Annen wird neuer Associate Partner im Geschäftsbereich Recovery Services des Beratungshauses Rödl & Partner und soll den Bereich Standort Eschborn aufbauen. Er arbeitet im Team von Recovery-Services-Geschäftsführer Lars Richter, der in München stationiert ist. Annen wechselt von der Beratung Dr. Wieselhuber & Partner, für die auch Richter in der Vergangenheit mehrere Jahre tätig war. Rödl & Partner beschäftigt in der Einheit Recovery Services nach eigenen Angaben rund 30 Personen.

Text mit Medien: Ex-Esprit-CFO Johannes Schmidt-Schultes heuert bei THM an. Foto: Esprit

Die Restrukturierungsboutique THM hat drei Kollegen verpflichtet, die das Geschäft im deutschsprachigen Raum vorantreiben sollen. Johannes Schmidt-Schultes war zuletzt CFO bei Esprit und begleitete die deutschen Gesellschaften durch ihre Schutzschirmverfahren. Interimsmanager Marcus Brüning von Juli 2020 als CRO für Tom Tailor im Einsatz. Eduard Wiens war zuletzt bei der Restrukturierungsberatung FTI-Andersch beschäftigt.

Die ehemaligen Hogan-Lovells-Anwälte Tobias Moser und Thomas Ressmann und der ehemalige Beiten-Partner Maximilian Degenhart haben gemeinsam die Wirtschaftsboutique DMR Legal gegründet, die sich auf Finanzierung und Restrukturierung fokussieren soll. Moser und Ressmann lernten sich 2012 bei Hogan Lovells kennen. Zu Mosers weiteren Stationen zählen Pinsent Masons und der Sanierungsberater One Square Advisors. Degenhart ist seit 2019 Partner bei Advant Beiten und spezialisiert auf Finance, Prozessführung und Compliance. Ressmann war von 2013 bis 2018 bei Hogan Lovells im Bereich Finanzierung, Restrukturierung und Insolvenzrecht tätig und arbeitete zuletzt im eigenen Familienunternehmen.

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