Abschied nach gerade mal zwei Jahren: Tui-Finanzchefin Birgit Conix hört zum Jahresende auf. Wie der Reisekonzern am heutigen Mittwochmorgen bekanntgab, soll sich die 54-Jährige bereits im Sommer zu diesem Schritt entschlossen haben. Für die Belgierin übernimmt ab Januar der langjährige Tui-Manager Sebastian Ebel den CFO-Posten.
„Vom Flugverbot für die Boeing 737Max bis zur Pandemie waren es keine leichten Jahre. Umso mehr weiß ich ihr großes Engagement und ihre Leistung zu schätzen“, lobte Tui-Aufsichtsratschef Dieter Zetsche Birgit Conix. Auch Tui-Chef Fritz Joussen dankte seiner Vorstandskollegin für ihren Einsatz in schwieriger Zeit. Sie habe in der Krise Finanzierungen und Liquidität auf ein sicheres Fundament gestellt, so Joussen.
Schwierige Zeit für Birgit Conix
Schon kurz nachdem Birgit Conix im Oktober 2018 das Finanzressort vom langjährigen Finanzchef Horst Baier übernahm, tat sich bei dem Reisekonzern der erste Krisenherd auf: Aufgrund des Groundings der neuen Boeing 737-Jets musste Tui die Gewinnprognosen deutlich kappen. An den Verhandlungen mit Boeing über eine Kompensation des entstandenen Schadens, der rund eine dreiviertel Milliarde Euro erreicht haben dürfte, war Conix maßgeblich beteiligt.
Im Frühjahr kam es schließlich zu einer Einigung mit Boeing. Die Details der Vereinbarung blieben unter Verschluss, aber sie entlasteten die Tui-Bilanz um einen erheblichen dreistelligen Millionenbetrag – vor allem, indem der Konzern nun weniger neue Jets abnehmen und diese auch erst später bezahlen muss.
Vor allem forderte die Coronavirus-Krise Conix heraus: Ende März erhielt Tui die Zusage über einen KfW-Kredit in Höhe von 1,8 Milliarden Euro. Zu ihrem Krisenmanagement gehören auch der angekündigte Abbau von 8.000 Stellen sowie die Flottenverkleinerung und Standortschließungen bei der Fluggesellschaft Tuifly. Auch beim Vorstand selbst wurde der Rotstift angesetzt: Seit April verzichten die Manager bis auf weiteres auf 30 Prozent ihres Grundgehalts. Für Conix bedeutete dies monatliche Einbußen von über 17.000 Euro.
Im August bekam der strauchelnde Reisekonzern weitere Staatshilfen. Die verfügbare Liquidität stieg dadurch auf 2,4 Milliarden Euro an, was aber auch einen Preis hatte: Tui-Anleihegläubiger stimmten der Aussetzung der Begrenzung der Finanzverschuldung nur zu deutlich verbesserten Zinskonditionen zu. So muss Tui für seine 300 Millionen Euro schwere Anleihe neuerdings 9,5 statt 2,1 Prozent Zinsen zahlen. Aktuell wird auch über eine Kapitalerhöhung spekuliert.
FINANCE-Köpfe
Joussen-Vertrauter Sebastian Ebel wird CFO
Angesichts der Tatsache, dass die Finanzierungssituation des Konzerns nach wie vor prekär ist – CEO Joussen bezeichnet den Bedarf an „Balance-Sheet-Repair“ auf 1,5 Milliarden Euro – überrascht der Rückzug der Finanzchefin. Auch bei der Lufthansa warf im Frühjahr trotz schwieriger Lage CFO Ulrik Svensson das Handtuch.
Anders als Svensson wird Conix ihren Nachfolger bis zum CFO-Wechsel aber noch einarbeiten. Neuer Finanzchef wird Sebastian Ebel, der derzeit das Vorstandsressort „Holiday Experiences“ verantwortet, wo Tui seine Hotels, Kreuzfahrten und Zielgebietsaktivitäten bündelt.
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Ebel ist ein altgedienter Tui-Manager, der in den Neunzigerjahren schon für den Vorgängerkonzern Preussag gearbeitet hat. Er war auch schon für die Töchter Tui Deutschland und Tuifly zuständig, hat aber auch viel Erfahrung in der Finanzabteilung gesammelt: Von 2003 bis 2006 führte er das Controlling des Reisekonzerns, danach wechselte als CFO und Chief Operating Officer (COO) zur Werkstattkette A.T.U., wo er fast drei Jahre blieb. Anschließend agierte er an der Seite des jetzigen Tui-Chefs Joussen zwei Jahre lang als Finanzvorstand von Vodafone Deutschland, bevor er 2013 zu Tui zurückkehrte.
Die beiden Manager scheint ein enges Verhältnis zu verbinden: „Zusammen haben wir viele gemeinsame Herausforderungen gestemmt. Ich freue mich, Sebastian Ebel künftig als CFO an meiner Seite zu haben“, kommentierte Joussen die Personalie.
M&A- und Strategiechef wird befördert
Einen großen Teil von Ebels Aufgaben wird der aktuelle Strategie- und M&A-Chef Peter Krüger übernehmen: Hotels, Kreuzfahrten und das Fluggeschäft. Seine Verantwortung für M&A behält Krüger auch weiterhin. Der Manager kam 2017 als Leiter Investor Relations und M&A von der Deutschen Bank zu Tui.
Sein größter M&A-Deal bei Tui bislang war der Verkauf der Kreuzfahrttochter Hapag-Lloyd an das Joint Venture Tui Cruises, das die Niedersachsen zusammen mit Royal Caribbean Cruises betreiben. Ziel dieses Deals war es, die Konzernbilanz zu entlasten und über den 50-Prozent-Anteil an Tui Cruises von den Synergien zu profitieren, die die Integration von Hapag-Lloyd erzeugen soll. Trotz der verheerenden Auswirkungen der Coronakrise auf das Kreuzfahrtgeschäft wurde der Deal wie geplant im Sommer vollzogen.
Info
Alles zur Karriere der scheidenden Tui-CFO finden Sie auf dem Köpfe-Profil von Birgit Conix. Wie der Konzern versucht, die Coronakrise zu überstehen, können Sie auf unserer Themenseite zu Tui nachlesen.
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