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Restrukturierungsnews: Brillant, Behrens, Bonita

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Die Personalvermittlung Brillant hat Insolvenzantrag gestellt. Hoher Wettbewerbsdruck und die Folgen des Coronavirus haben die Krise verursacht.
ty – stock.adobe.com

Personaldienstleister Brillant ist insolvent

Das Personaldienstleistungsunternehmen Brillant hat für alle wesentlichen Gesellschaften der Firmengruppe Anträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Betroffen sind rund 2.000 Mitarbeiter in 40 Niederlassungen in Deutschland. Die Gruppe mit den Marken Mondi und WFD erzielte zuletzt einen Jahresumsatz von rund 70 Millionen Euro.

Der starke Wettbewerbsdruck in der Zeitarbeitsbranche hatte das Unternehmen in Schieflage gebracht, die Coronavirus-Pandemie verschärfte die Situation dann zusätzlich. Im Zuge der Restrukturierung ist Norbert Ruthemeyer (Beratung „Das Werk Consulting“) im März zum Sanierungsgeschäftsführer der Firmengruppe bestellt worden, bei der Restrukturierung wird er von Matthias Richter (Company Partners) unterstützt. Vorläufige Insolvenzverwalter der Geschäftseinheiten sind die beiden WillmerKöster-Juristen Christian Willmer (Mondi Personalservice, Mondi GmbH sowie WFD) und Hans-Joachim Berner (Brillant Management & Beteiligung). 

Behrens wird über Asset Deal verkauft

Der insolvente Werkzeughersteller Joh. Friedrich Behrens hat einen Käufer gefunden: Wie die Ahrensburger mitteilten, soll eine Tochter des Unternehmens Greatstar Europe den Geschäftsbetrieb im Rahmen eines Asset Deals übernehmen. Die Greatstar-Gruppe mit Hauptsitz in China ist einer der größten chinesischen Werkzeughersteller. Laut Behrens sieht der Vertrag „einen vorläufigen Kaufpreis“ von 27,9 Millionen Euro vor. Wovon der finale Kaufpreis abhängen wird, teilte das Unternehmen nicht mit. Einer Mitteilung zufolge hat sich Greatstar „gegen zahlreiche interessierte Investoren durchgesetzt“. Alle 160 Arbeitsplätze in der Zentrale der Behrens AG sowie weitere rund 290 Stellen bei den internationalen Tochtergesellschaften sollen erhalten bleiben.

Behrens musste im vergangenen November in die Insolvenz in Eigenverwaltung, weil es einen Restbetrag von 16 Millionen Euro einer fälligen Anleihe nicht refinanzieren konnte. Der Käufer soll den Geschäftsbetrieb nun zum 1. Juni übernehmen. Der Vollzug steht laut Behrens noch unter Bedingungen, unter anderem müssen kartell- und außenwirtschaftsrechtliche Freigaben eingeholt werden. Auch die Gläubigerversammlung muss noch zustimmen. Sachwalter von Behrens ist Christoph Morgen (Kanzlei Brinkmann & Partner), insolvenzrechtlich berät Tjark Thies (Reimer Rechtsanwälte). Alternativ zum Verkauf hatte Behrens auch eine Sanierung über einen Insolvenzplan vorbereitet, dabei beriet Heuking Kühn Lüer Wojtek. Hengeler Mueller hat GreatStar bei der Transaktion beraten.

Bonita kann Eigenverwaltung verlassen

Das Textilunternehmen Bonita kann seine Insolvenz in Eigenverwaltung abschließen. Bonita war Ende 2020 im Rahmen eines Management-Buy-outs an neue Eigentümer übergegangen. Der Insolvenzplan wurde Ende Februar von den Gläubigern angenommen und Mitte März gerichtlich bestätigt. Mit dem Plan werde „eine bestmögliche Gläubigerbefriedigung erreicht“, teilte das Unternehmen mit. Angaben zur Quote machten die Verantwortlichen nicht.

Sachwalter war Sven-Holger Undritz (Kanzlei White & Case). Thorsten Bieg und Gerrit Hölzle (beide Görg) sowie Detlef Specovius (Schultze & Braun) haben als Chief Restructuring Officers den Sanierungsprozess begleitet. 

WSF-Mittel für GM-Hütte und Trendtours

Der niedersächsische Stahlproduzent Georgsmarienhütte erhält eine stille Beteiligung über 58 Millionen Euro vom Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF). Unternehmenschef Thomas Löhr sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung“, es gehe um „Hilfe zur Selbsthilfe“. Die Mittel sollen die aufgrund der Coronakrise entstandenen Verluste im Eigenkapital ausgleichen und dadurch die Finanzierungsfähigkeit über die Kreditmärkte sicherstellen. FINANCE-Informationen zufolge hat auch die Eigentümerfamilie Großmann einen finanziellen Beitrag geleistet.

Auch der Reiseanbieter Trendtours erhält Gelder aus dem WSF. Berichten zufolge geht es um eine Summe von 23 Millionen Euro. Das Unternehmen ist auf Reisen für Senioren spezialisiert und zählte 2019 rund 400.000 Gäste. Da ältere Menschen priorisiert geimpft werden, hofft der Reiseveranstalter, für diese Zielgruppe bald wieder Touren anbieten zu können. Die Nachfrage sei zuletzt gestiegen, insbesondere für Reisen in der zweiten Jahreshälfte. 

Weitere Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Die Baumot-Gruppe steht vor der Zerschlagung. Die Baumot Group sowie die 100-prozentigen Tochtergesellschaften Twintec Technologie, Baumot Technologie und Baumot Deutschland hatten zunächst versucht, im Rahmen einer Insolvenz in Eigenverwaltung einen neuen Investor zu finden. Die Verhandlungen über eine Gesamtlösung sind jedoch gescheitert. Wie das Unternehmen mitteilte, sei eine Fortführung der Gesellschaften „nicht mehrwahrscheinlich“. Die Assets der Einzelgesellschaften sollen nun verwertet werden, um die Forderungen der Gläubiger zu bedienen. Die Gesellschaften werden in ein Regelinsolvenzverfahren gehen.

Der Kunststofffachhändler Findeis hat Insolvenzantrag gestellt. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist Thomas Bagh (BEBK Rechtsanwaltsgesellschaft). Der Geschäftsbetrieb soll von einem neuen Eigentümer weitergeführt werden, die derzeit laufende Investorensuche begleitet Uwe Borgers vom Beratungshaus Mentor.

Das regionale TV-Unternehmen Rhein-Neckar-Fernsehen hat Insolvenzantrag gestellt. Vorläufiger Insolvenzverwalter ist Henrik Schmoll von der Kanzlei Wellensiek. Der Sender hat nach Angaben der Geschäftsführung erhebliche Einbußen bei den Werbeeinnahmen verzeichnet. Das Unternehmen musste dem Branchendienst „DWDL“ zufolge bereits in der Vergangenheit zwei Insolvenzverfahren durchlaufen. Zuletzt gehörte der Sender Andreas Schneider-Neureither und seiner Gesellschaft SN Assets. Nach dem Tod Schneider-Neureithers im November 2020 sei das Unternehmen aufgrund erbrechtlicher Fragen nicht mehr handlungsfähig gewesen, zitierten Medien das Management. Auch ein Weiterverkauf an einen Investor sei daher schwierig. Interessiert ist ein Team um den MLP-Gründer Manfred Lautenschläger.

Distressed M&A-Deals

Der Datendienstleister für Energie-Investments Kaiserwetter Energy Asset Management ist aus der Insolvenz heraus verkauft worden. Baywa übernimmt die Softwaresparte, der Asset-Management-Bereich inklusive der nicht insolventen spanischen Tochtergesellschaft geht an WPO SAS mit Sitz in Paris. Die Käufer übernehmen einer Mitteilung zufolge „den Großteil“ der Mitarbeiter, Details wurden nicht bekannt. Die Transaktion wurde vom Beratungshaus Restrukturierungspartner begleitet, als vorläufiger Insolvenzverwalter war Matthias Wolgast (Kanzlei Münzel & Böhm) eingesetzt.

Die Weber Holding will zum 1. April die Werke der insolventen Schweizer Group Global in Plauen und Roding übernehmen. Die Übertragung steht unter dem Vorbehalt verschiedener nicht näher ausgeführter Bedingungen. Der Deal umfasst die Anlage- und Umlaufvermögen sowie die immateriellen Vermögenswerte. Über finanzielle Details haben Verkäufer und Käufer Stillschweigen vereinbart. Der Gläubigerausschuss stimmte dem Verkauf zu. Laut Insolvenzverwalter Marcus Winkler (Kanzlei Winkler Gossak) will Weber in Roding alle 110 Arbeitsplätze erhalten, in Plauen werden von zuletzt 126 Mitarbeitern künftig noch 63 weiterbeschäftigt. Die Standorte in Hattenhofen und Murrhardt werden dagegen geschlossen. Die Schweizer Group Global ist aus der Schweizer Group GmbH hervorgegangen, die nach einem Insolvenzverfahren im Oktober 2019 an einen US-Investor verkauft worden war. Die Nachfolgegesellschaft stellte Ende Januar 2020 ihrerseits Insolvenzantrag. Den Investorenprozess begleitete ein M&A-Team von Roland Berger (Leitung Jörg Eschmann).

Das bayerische Familienunternehmen Lippert übernimmt den Anlagenbauer Trafö aus der Insolvenz, der Standort und der Großteil der gut 40 Arbeitsplätze sollen erhalten bleiben. Insolvenzverwalter war Marc Schmidt-Thieme (Kanzlei Hoefer Schmidt-Thieme). Das Unternehmen hatte im Oktober 2020 Insolvenzantrag gestellt, nachdem eine Forderung in Millionenhöhe insolvenzbedingt ausgefallen war.

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Die auf Transportdienstleistungen für Orchester spezialisierte Berliner Spedition Kanitz wird im Rahmen einer übertragenden Sanierung von der Möbelspedition Scholz Umzüge übernommen. Insolvenzverwalter Florian Linkert (Kanzlei BBL) unterzeichnete die Verträge rückwirkend zum 15. März dieses Jahres. Das Kanitz-Geschäft soll mit einem Teil der bisherigen Kernmannschaft fortgeführt werden. Kanitz hatte im Dezember 2020 Insolvenz angemeldet.

Beendete Insolvenz- und Sanierungsverfahren

Das Spezialwasserbauunternehmen Colcrete von Essen kann sein Insolvenzverfahren abschließen, die Gläubigerversammlung hat einen Insolvenzplan einstimmig angenommen. Das Unternehmen hatte 2020 Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt, nachdem ein Auftrag in Schottland hohe Verluste verursacht hatte. Im Zuge der Restrukturierung kam auch ein neuer Investor an Bord, der namentlich nicht genannt wurde. Den M&A-Prozess begleitete die Unternehmensberatung Comes, den Investor beriet Carl-Christian Kramer (KJK). Sachwalter des Eigenverwaltungsverfahrens war Hendrik Heerma (FRH Fink Rinckens Heerma), als Generalbevollmächtigter agierte Justus von Buchwaldt (BBL).

Die Spedition Graf-Transporte steht vor dem Abschluss der Insolvenz in Eigenverwaltung. Der Insolvenzplan ist gerichtlich bestätigt worden. Die Gläubiger können einer Mitteilung zufolge mit einer Quote von rund 8 Prozent ihrer angemeldeten Forderungen rechnen. Das Speditionsunternehmen hatte Mitte März 2020 Insolvenz in Eigenverwaltung beantragt, da die laufenden Kosten nicht mehr durch Einnahmen gedeckt waren. Rouven Quick und Markus Birkmann (Kanzlei BBL Brockdorff & Partner) begleiteten die Geschäftsführung als Generalbevollmächtige. Nils Meißner (Kanzlei Görg) agierte als Sachwalter. 

Weitere Restrukturierungen und Branchennews

Einer Modellrechnung des Kreditversicherers Coface zufolge haben Staatshilfen im vergangenen Jahr in Deutschland bis zu 3.950 Insolvenzen erst einmal verhindert. In die Modellrechnung eingeflossen sind Zahlen zum Unternehmensumsatz, die Nutzung von Kurzarbeit und Kreditgarantien. Die simulierte Insolvenzschätzung ergibt laut Coface für das zurückliegende Jahr in Deutschland einen Anstieg der Insolvenzen um 6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Tatsächlich fiel die Zahl der Insolvenzen aber um 15 Prozent. Diese Differenz beschreibt Coface als „versteckte Insolvenzen“. Für Frankreich ermittelt das Modell sogar 22.500 „versteckte Insolvenzen“. Allerdings gehen die Autoren davon aus, dass weitere Maßnahmen wie Überbrückungshilfen einige Unternehmen vor Ausfällen bewahren werden.

Die neuesten Restrukturierer-Personalien

Das Amtsgericht Bremen hat Michael Frege (CMS) zum Insolvenzverwalter der Bremer Greensill Bank bestellt. Auch Wirecard-Insolvenzverwalter Michael Jaffé wurde Berichten zufolge zwischenzeitlich als Kandidat auf den Insolvenzverwalterposten gehandelt. Der nun beauftragte Frege war als Insolvenzverwalter bereits für das Verfahren der deutschen Tochter der US-Investmentbank Lehman Brothers zuständig und bearbeitet seit Frühjahr 2016 den Fall der kanadischen Maple Bank, die über ihre Verstrickung in Cum-Ex-Geschäfte strauchelte. Der „Wirtschaftswoche“ gegenüber sagte er, er rechne bei der Greensill Bank mit einer Verfahrensdauern zwischen fünf und zehn Jahren.

Die auf Insolvenzrecht spezialisierte Juristin Olga Hartung-Afify wechselt zum 1. Juli in das Kölner Büro von Leonhardt Rattunde. Sie war bereits mehrere Jahre bei Lehmkühler Rechtsanwälte in Bonn in der Insolvenzverwaltung tätig und arbeitete zuletzt als Syndikusrechtsanwältin bei Axa in Köln.

Nach einem Jahr als Restrukturierer des Autozulieferers Leoni legt Hans-Joachim Ziems sein Amt als Chief Restructuring Officer nieder. Er scheidet Ende März „planmäßig“ aus dem Vorstand aus, teilte Leoni mit. Ziems hatte im April 2020 den CRO-Posten übernommen und das Restrukturierungskonzept des Autozulieferers verantwortet. Leoni will künftig wieder ohne CRO auskommen, Ziems‘ Unternehmensberatung soll Unternehmen und Vorstand aber weiterhin bei der Umsetzung einzelner Restrukturierungsmaßnahmen beraten. Vor dem laufenden Restrukturierungsprozess hatte Leoni im Frühjahr 2019 das Performance- und Strategieprogramm „Value 21“ beschlossen. Den Vertrag mit CEO Aldo Kamper hat Leoni vorzeitig bis Jahresende 2026 verlängert.

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